“Es gibt nichts auf der Welt, was so unsichtbar wäre wie Denkmäler.” meint Robert Musil. Ähnliches gilt für unser Geld: Man hat es täglich in der Hand und schaut es doch nicht mehr richtig an. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass viel in den Motiven auf den unscheinbaren Scheinen steckt, was einen zweiten Blick wert ist.
Über sieben Brücken musst du gehen
Die Symbolik ist zunächst offenkundig: Auf der Rückseite der Euro-Scheine sind Brücken dargestellt: Ein Zeichen der Verbindung zwischen den europäischen Völkern sowie zwischen Europa und der restlichen Welt. Auf der Vorderseite befinden sich Fenster oder Tore, die für Offenheit und Zusammenarbeit in Europa stehen. Diese stellen – beim 5-Euro-Schein beginnend und bis zum 500er “aufsteigend” – eine Chronologie der europäischen Geistes- und Kunstgeschichte dar.
Mehr als eine Abfolge von Baustilen
Sowohl die Tür- und Fenstermotive der Frontseiten als auch die Brückenmotive der Rückseiten setzen die jeweilige Epoche mit fiktiven Motiven gekonnt ins Bild. Aber die Scheine zeigen mehr als nur eine lose Abfolge von Baustilen: Sie zeichnen die Einflusslinien unserer gemeinsamen Kultur nach. Den Auftakt bilden die Römer. Vieles in Europa hat mit ihnen angefangen: Für viele Elemente der Kultur, des Verkehrs und der Technologie wurden damals die Grundsteine gelegt. Und viele dieser Marken prägen Europa bis heute.
Es folgt der romanische Stil – das Motiv erinnert der Zeit gemäß an Kirchen und Klöster, einen weiteren Glanzpunkt setzt die Gotik, gefolgt von den klaren und ausgewogenen Formen der Renaissance, dann das üppige Barock. Die prägnanten Stahlkonstruktionen des Maschinenzeitalters finden auf dem 200er Geldschein ihren Widerhall. Offen und transparent zeigt sich die moderne Architektur auf dem lila 500-Euro-Schein.
Wo wir zuhause sind
Jedes Motiv zeigt (s)eine eigene Welt, die Vielfalt der Epochen, sowie unsere Wege und Umwege bis zur Gegenwart. Über sieben Epochenbrücken sind wir Europäer gegangen und in mindestens ebenso vielen Stilwelten zuhause. Diese Scheine verkörpern nicht nur unser Geld, sie zeigen zugleich unseren kulturellen Reichtum.
5-Euro-Schein: Römischer Stil zu Beginn unserer Zeitrechnung
Der graue 5-Euro-Schein ist der kleinste und zugleich unscheinbarste Schein Der Triumphbogen auf der Vorderseite stammt aus der griechisch-römischen Antike. Es verweist auf die historischen Wurzeln Europas. Auf der Rückseite ist ein Aquädukt im Stil der Klassik dargestellt.
Der neue Fünfer – können Sie sich noch erinnern? Als die Verantwortlichen der Europäischen Zentralbank Anfang letzten Jahres den neuen Fünf-Euro-Schein vorgestellt haben, konnten sie nicht ahnen, welche Probleme die Einführung seiner Zeit machen sollte …
10-Euro-Schein: Romanischer Stil zur Jahrtausendwende
Der Torbogen im romanischen Stil auf der Vorderseite des 10-Euro-Schein stellt das frühe Mittelalter da. Viele Kirchen weisen solche oder ähnliche Bauelemente auf. Die Rückseite zeigt eine Brücke im Stil der Romanik.
20-Euro-Schein: Gotischer Stil seit dem 13. Jahrhundert
Die Vorderseite des blauen Zwanzigers zeigt zwei Kirchenfenster. An den Spitzbögen kann man leicht den gotischen Baustil erkennen. Die obligatorische Brücke auf der Rückseite symbolisiert ebenfalls die Gotik.
50-Euro-Schein: Renaissance 200 Jahre später
Epochenwandel: Das Renaissance-Fenster symbolisiert den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, die Zeit Leonardo da Vinci, Michelangelo und Albrecht Dürers. Die Renaissance breitete sich Italien auf alle europäischen Länder aus. Wiederum auf der Rückseite eine Brücke im gleichen zeitprägenden Stil.
100-Euro-Schein: Barock bzw. Rokoko im 17. bis 18. Jahrhundert
Der grüne 100-Euro-Schein gehört ist einer der auffälligsten Euro-Scheine. Das Portal mit den Atlanten (Figuren) auf der Vorderseite steht für den Barock-Stil. Die Brücke im Stil des Barock und des Rokoko soll die Lebensfreude dieser Epochen zum Ausdruck bringen.
200-Euro-Schein: Industriezeitalter 19. bis Anfang 20. Jahrhundert
Der gelb-braune 200-Euro-Schein ist der seltenste Schein. Die Vorderseite zeigt Elemente der Eisen- und Glasarchitektur, die Rückseite eine Eisenbahnbrücke, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast überall in Europa Brücken gebaut wurden.
500-Euro-Schein: Moderne und Gegenwart, 20. bis Anfang 21. Jahrhundert
Der 500-Euro-Schein ist als wertvollster gleichzeitig der größte Euro-Schein. Auf der Vorderseite zeigt in abstrahierender Manier Elemente der modernen Architektur des 20. Jahrhunderts, während die Rückseite ist eine moderne Hängebrücke zeigt.
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